Ein Zusammenschluss verschiedener Standorte in Deutschland konnte in den vergangenen 25 Jahren wesentlich zur Erforschung und Therapieverbesserung der ALL beitragen. Die multizentrische Studiengruppe für die akute lymphatische Leukämie des Erwachsenen (GMALL) hat seit 1980 bereits sieben aufeinanderfolgende Studien mit mehr als 5.000 Patienten durchgeführt. Es handelt sich dabei um die weltweit größte Gruppe von erwachsenen ALL-Patienten, die nach einheitlichen Protokollen – also genau definierten Behandlungsplänen – behandelt wurden. Die Therapiestudien haben einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Heilungschancen von unter zehn Prozent in den 1980er Jahren auf über 50 Prozent im Jahr 2015 geleistet und zur Einhaltung von Qualitätsstandards in Diagnostik und Therapie beigetragen. Um diese Ergebnisse auf Basis der bisher gewonnenen Erkenntnisse weiter zu verbessern, tritt der Forschungsverbund nach langer Vorarbeit nun in eine neue Phase. Dank einer Förderung durch die Deutsche Krebshilfe in Höhe von 1,9 Millionen Euro konnte die aktuelle Studie der GMALL-Gruppe 08/2013 nach fünf Jahren Vorbereitungszeit im August 2016 aktiviert werden. Sie soll an 90 Kliniken in Deutschland durchgeführt werden und in den nächsten fünf Jahren insgesamt 900 Patienten im Alter von 18 bis 55 Jahren einschließen. Studienleiterin ist Dr. Nicola Gökbuget von der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Frankfurt.
Therapien individualisieren für optimale Rückfallvermeidung
Bei der Entwicklung der Therapiepläne wurden jeweils sowohl die Ergebnisse der bisherigen eigenen Behandlungsprotokolle als auch der aktuelle internationale Stand der Wissenschaft berücksichtigt. Als wesentliches Ziel wird in dem daraus entstandenen innovativen Protokoll eine Individualisierung der Therapie angestrebt. Mit verschiedenen Behandlungsansätzen will man eine weitere Verbesserung der Heilungschancen erreichen. So werden speziell bei der ALL wirksame Medikamente intensiver eingesetzt und zielgerichtete Medikamente mit der Chemotherapie kombiniert. Weiterhin wird untersucht, ob auf die prophylaktische Schädelbestrahlung verzichtet werden kann, die bisher zum Standard in der Therapie der ALL des Erwachsenen gehört.
Die gesamte Behandlung richtet sich nach dem Risiko des Patienten, einen Rückfall zu entwickeln. Dazu werden sogenannte Prognosefaktoren berücksichtigt. Als ganz entscheidenden Faktor bei der Therapiesteuerung zieht die GMALL-Studie 08/2013 den individuellen Verlauf der sogenannten minimalen Resterkrankung (MRD) heran. Bei der MRD handelt es sich um verbliebene Leukämiezellen, die mit konventioneller Mikroskopie nicht nachweisbar sind. Ihre Messung erfolgt in zentralen Referenzlaboren und ist so genau, dass sie im Idealfall eine Leukämiezelle in 100.000 bis 1.000.000 gesunden Knochenmarkzellen entdecken kann. Bei Patienten mit günstiger Reduktion der MRD wird die Standardchemotherapie fortgeführt. Bei Patienten mit ungünstigem MRD-Verlauf wird eine intensivierte Therapie mit einer Stammzelltransplantation angestrebt, da ein erhöhtes Rückfallrisiko besteht. Um die Heilungschancen dieser Patienten weiter zu verbessern, soll zusätzlich versucht werden, durch zielgerichtete Medikamente eine Reduzierung der Leukämiezellen zu erreichen. Durch dieses innovative und flexible Konzept wird gewährleistet, dass Patienten über die gesamte Laufzeit der Studie Zugang zu neuen Substanzen bekommen können.
Flexible Intensivierung und Reduktion
Außerdem enthält das Protokoll sowohl Elemente der Intensivierung als auch Reduktion der Therapie. Kernziel ist es dabei, die Intensität und Toxizität an die individuellen Rückfallrisiken anzupassen. Parallel werden Begleiterkrankungen, Spätfolgen und auch die Lebensqualität der Patienten beobachtet und ausgewertet. Essentiell für den Erfolg der Studien ist es, dass die GMALL-Studienzentrale neben Behandlung ein umfangreiches Beratungsangebot bietet. „Die Komplexität der Therapie und die individualisierten Aspekte stellen in der Durchführung eine erhebliche Herausforderung für alle Beteiligten dar. Allerdings erhoffen wir uns, dass so die Heilungschancen für die erwachsenen Patienten mit ALL weiter deutlich verbessert werden können“, sagt Studienleiterin Dr. Gökbuget. „Dabei sind wir auf die Zusammenarbeit mit vielen Kliniken in Deutschland angewiesen, die seit Jahren die Studiengruppe konsequent unterstützen und so wesentlich zu einer – auch im weltweiten Vergleich – optimalen Versorgung der Patienten beitragen.“
Für weitere Informationen:
Dr. Nicola Gökbuget
Leiterin der Studienzentrale Medizinische Klinik II
Universitätsklinikum Frankfurt
Fon (0 69) 63 01 – 63 65
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E-Mail <link>goekbuget@em.uni-frankfurt.de
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