Dank der Entwicklung innovativer Krebstherapien und der Fortschritte in der Chirurgie, Chemo- und Strahlentherapie hat sich das Langzeitüberleben von Krebspatienten in den letzten Jahren deutlich verbessert. Lag das relative Fünf-Jahres-Überleben bei Leukämien in Deutschland beispielweise im Jahr 2009/10 noch bei 54 Prozent, betrug es im Jahr 2013/14 bereits circa 59 Prozent. Von den Patienten, die als Kinder und Jugendliche behandelt wurden, sind nach fünf Jahren sogar noch 85 Prozent am Leben. Fünf Jahre nach der Krebsbehandlung endet im Regelfall die onkologische Nachsorge. Doch viele der Langzeitüberlebenden, sogenannte Cancer Survivors, tragen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von krankheits- oder therapieinduzierten Spätfolgen. Als erste Einrichtung in Hessen bietet das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) am Universitätsklinikum Frankfurt deshalb ein strukturiertes medizinisches Angebot zur Langzeitnachsorge nach Krebs an, das sich an die reguläre onkologische Nachsorge anschließt und Betroffenen eine individuelle Risikoabschätzung mit Präventionsempfehlungen bietet. Dabei profitieren Langzeitüberlebende von der Verknüpfung etablierter Ambulanzstrukturen mit dem regionalen Praxisnetzwerk des Instituts für Allgemeinmedizin.
Gewinn an Lebenszeit und Lebensqualität durch Früherkennung
Spätfolgen treten oft erst lange nach Behandlungsende auf und werden durch die Art und Intensität der angewandten Krebstherapie sowie durch individuelle Risikofaktoren bestimmt. Die Beschwerden sind vielfältig und können in allen Organsystemen auftreten, beispielsweise an Herz, Lunge, Darm oder im Hormonhaushalt. Zusätzlich haben Langzeitüberlebende ein erhöhtes Risiko gegenüber der Normalbevölkerung, an einem Zweittumor zu erkranken, insbesondere dann, wenn sie als Kinder oder Jugendliche Krebs hatten. Auch chronische Erschöpfungszustände und psychosoziale Probleme können Spätfolgen einer Tumorerkrankung sein.
Allerdings stehen Langzeitüberlebende nach Abschluss der regulären Nachsorge nicht mehr in ständigem Kontakt mit der Klinik. Stattdessen sind Hausärzte und niedergelassene Fachärzte erste Ansprechpartner bei Beschwerden, die der Patient nicht sofort mit der Krebserkrankung in Verbindung bringt, weil sie teils erst viele Jahre nach Abschluss der Therapie auftreten. Diese Beschwerden als krebsassoziierte Spätfolgen rechtzeitig zu erkennen, kann für den Patienten entscheidenden Gewinn an Lebenszeit und Lebensqualität bedeuten.
Deshalb soll das Langzeitnachsorgeteam um Prof. Evelyn Ullrich, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, und Dr. Teresa Halbsguth, Medizinische Klinik 2, künftig dabei helfen, den zeitnahen Austausch zwischen Onkologieexperten und den niedergelassenen Allgemein- und Fachärzten zu fördern, indem es die strukturierte Überleitung junger Patientinnen und Patienten zwischen Pädiatrie und Erwachsenenonkologie sowie zwischen dem Praxisnetzwerk in der Rhein-Main-Region und den Spezialisten am Universitätsklinikum koordiniert. „Als Haus der Maximalversorgung begleiten wir Patientinnen und Patienten über viele Lebensphasen hinweg, auch wenn sie die Krankheit bereits überwunden haben. Gerade die Langzeitnachsorge ist eine intersektorale Aufgabe, die Niedergelassene und Kliniker nur gemeinsam stemmen können. Mit dem neuen Angebot stärken wir für unsere Patientinnen und Patienten eine bereichsübergreifende, heimatnahe Versorgung an der Schnittstelle zwischen klinischem und niedergelassenem Sektor und kombinieren unsere fachliche Expertise in der Behandlung komplexer Fälle mit den Vorteilen einer Vernetzung in die Fläche“, so Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt.
Patienten und Ärzte profitieren von strukturiertem Versorgungsmodell
„Mit dem Langzeitnachsorgeteam haben Cancer Survivors nun eine zentrale Anlaufstelle. Wir bieten regelmäßige Sprechstunden an, holen insbesondere auch nach innovativen personalisierten Therapien Empfehlungen von interdisziplinären Expertenteams ein und stellen bei Bedarf den direkten Kontakt zu den Fachärzten her“, erläutert Prof. Evelyn Ullrich. Die Hausärzte bleiben dabei zentraler Ansprechpartner in Gesundheitsfragen für die Betroffenen. Die niedergelassenen Ärzte profitieren von der gebündelten Expertise am UCT: Die Krebsspezialisten unterstützen sie bei der Identifizierung von Risikopatienten und beraten zur Wahl der Untersuchungsverfahren im hausärztlichen Setting.
„Die Spätfolgen einer Krebserkrankung stellen vor allem junge Erwachsene vor besondere Herausforderungen, denn sie stehen mitten im Beruf und die Familienplanung ist vielleicht noch nicht abgeschlossen. Die langfristige Perspektive der Nachsorge ist für diese Menschen daher besonders wichtig“, sagt Dr. Teresa Halbsguth. Im Fokus der Langzeitnachsorge steht dementsprechend nicht nur die Früherkennung von Spätfolgen und Zweittumoren, sondern auch die Rückkehr in den Alltag und ein aktives Berufsleben. Das Team der Langzeitnachsorge erarbeitet mit den ehemaligen Patientinnen und Patienten ein individuelles Risikoprofil mit empfohlenen Früherkennungsuntersuchungen, die über die reguläre Krebsvorsorge hinausgehen. Zusätzlich wird Beratung zu Fertilitätsfragen sowie psychoonkologische und sporttherapeutische Unterstützung angeboten. „Mit diesem spezialisierten interdisziplinären Versorgungsangebot schließt das UCT eine Lücke, denn strukturierte Versorgungsmodelle zur Langzeitnachsorge nach Krebs für junge Erwachsene sind bisher im Gesundheitssystem nicht etabliert“, erklärt Prof. Christian Brandts, Direktor des UCT, abschließend.
Zusätzlich zur medizinischen Begleitung und Beratung in der Langzeitnachsorge stellt das UCT verschiedene Informationsangebote für Patienten während und nach der Behandlung bereit. So wird auch 2019 die kostenlose Informationsreihe „Sie fragen, unsere Experten antworten!“ fortgeführt. Patienten, Angehörige und Interessierte erfahren mehr zu übergreifenden onkologischen Themen von gesunder Ernährung und Stressbewältigung unter Therapie über die Linderung von Nebenwirkungen und Schmerzen bis hin zur Langzeitnachsorge. Erfahrene Ärzte und Psychologen des UCT beantworten zusammen mit kooperierenden Selbsthilfegruppen dabei individuelle Fragen der Teilnehmenden. Die Reihe startet am 5. Februar 2019 mit dem Vortrag „Basaliome und Melanome – Hautkrebs hat viele Gesichter“. Die Informationsabende finden einmal monatlich, jeweils dienstags, von 17:30 bis 18:30 Uhr statt. Mehr Informationen zu Terminen und Themen auf: www.uct-frankfurt.de/patienteninforeihe
Im Bild v.l.n.r.: Die Expertinnen und Experten Dr. Annette Bachmann, Prof. Evelyn Ullrich, Prof. Falk Ochsendorf, Dr. Teresa Halbsguth, Prof. Christian Brandts, Dr. Anke Barnbrock, Prof. Hubert Serve, Prof. Thomas Klingebiel, Prof. Frederik Roos mit Patienten aus der Langzeitnachsorge.
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Felicitas Cremer
Presse & Öffentlichkeitsarbeit, Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen (UCT)
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