In den vergangenen Jahren hat sich die Operationstechnik revolutioniert: Minimalinvasive Techniken, bei denen durch kleinste Öffnungen im Körper operiert wird, sind für die Patienten viel schonender und durch modernste Hilfsmittel sogar deutlich präziser. Einige Menschen waren von diesen medizinischen Fortschritten aufgrund verschiedener körperlicher Einschränkungen jedoch weitgehend ausgeschlossen. Denn diese Verfahren müssen häufig mit Röntgengeräten oder einem Magnetresonanztomographen überwacht werden. Die dafür benötigten Kontrastmittel sind für manche Patienten zu belastend, andere konnten bisher aufgrund ihres Körperumfangs nicht an diesen Geräten operiert werden. Am Frankfurter Universitätsklinikum wurde Ende 2016 weltweit erstmalig das neue Bildgebungssystem Artis pheno von Siemens installiert und ist jetzt im Regelbetrieb. Es ist sowohl äußerst schonend als auch extrem flexibel und ermöglicht dadurch Patienten mit körperlichen Einschränkungen den Zugang zu minimalinvasiven Operationsmethoden. Darüber hinaus verfügt die Technologie über eine bis zu vierfach verbesserte Bildgebung und ein völlig neuartiges System zur Vermeidung von Keimverunreinigung.
Die beste Behandlung auch bei körperlichen Einschränkungen
Die zentralen Bausteine des Systems sind eine vielseitige Liege und ein Röntgengerät in C-Form. Dieser Bogen hat einen freien Innendurchmesser von 95,5 Zentimetern und kann durch einen leistungsfähigen, präzisen und sehr flexiblen Roboterarm in allen gewünschten Stellungen rund um Liege und Patient positioniert werden. Menschen mit einem größeren Körperumfang oder einer eingeschränkten Bewegungsfreiheit ließen sich zum Teil mit den bestehenden Systemen nicht behandeln. Artis pheno bietet jetzt ausreichenden Raum. Zudem ist der Tisch fast beliebig elektronisch kippbar und auf ein maximales Patientengewicht von bis zu 280 Kilogramm ausgelegt. Die Flexibilität des Geräts ermöglicht den Ärzten auch eine ideale individuelle Arbeitshaltung, was sich wiederum positiv auf die Qualität der Behandlung auswirkt.
Die bisher eingesetzten Bildgebungstechnologien waren auch häufig belastend für alte oder multimorbide, also mehrfach erkrankte Patienten. Ist die Niere geschwächt, verträgt sie die gängigen Kontrastmittel schlecht. Bei Artis pheno reduziert sich die für einen Körperscan benötigte Zeit um 15 Prozent gegenüber bisher üblichen Geräten. Dadurch wird auch eine wesentlich geringere Menge an Kontrastmitteln gebraucht. Ein großvolumiges Bild, beispielsweise von der Leber oder der Lunge, einschließlich eines Tumors und den zuführenden Gefäßen, wird mit Artis pheno in nur sechs Sekunden produziert. Diese geringere Aufnahmedauer hilft auch Patienten mit Atemschwierigkeiten. Denn sofern sie nicht in Vollnarkose behandelt werden, müssen sie die Luft anhalten, damit das Bild nicht verwackelt.
Sollten besondere Empfindlichkeiten gegen die üblichen Kontrastmittel bestehen, ist es mit der neuen Technologie sogar möglich, Kohlendioxid als Alternativmittel zu verwenden. „Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Artis pheno täglich zwei Patienten eine vorteilhafte Behandlung bieten können, die vorher so nicht möglich gewesen wäre“, sagt Prof. Thomas Vogl, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. „Das kann gerade bei der Behandlung von Krebsleiden für diese Patienten lebensrettend sein.“
Hochpräzise Bilder bei geringerer Belastung
Auch die Qualität der Bilder konnte erheblich verbessert werden – bei gleichzeitig deutlich gesenkter Strahlenbelastung durch geringere Röntgendosis. Mit der neuen 2k-Aufnahmetechnik – darunter versteht man eine Auflösung von bis zu 2048 Pixeln in der Breite – wird in der 2D-Bildgebung eine bis zu vierfach höhere Bildqualität als mit bisherigen Geräten erzielt. Außerdem passt der sogenannte StructureScout ähnlich dem Automatikmodus einer Digitalkamera die Bildgebungsparameter eigenständig an die Struktur des relevanten Gewebes an. Spezielle Software unterstützt die Mediziner auch bei der Durchführung spezifischer Behandlungen, zum Beispiel der transarteriellen Chemoembolisation (TACE). Bei dieser Krebstherapie wird ein Chemotherapeutikum über ein Kathetersystem direkt in das betroffene Organ gegeben. Um den Patienten optimal zu schonen, wird während der Behandlung der Blutaustausch des Organs mit dem übrigen Körper unterbrochen. Zur Durchführung dieses Verfahrens kann die Artis-Pheno-Software die Gefäßpfade, die den Tumor versorgen, farbig hervorheben und dadurch deutlich sichtbar machen. Das ermöglicht den Ärzten ein noch präziseres Arbeiten und senkt dadurch die Risiken. Zusätzlich werden Röntgendosis und Kontrastmittel weiter reduziert.
Revolutionäres Hygienesystem: Schutz vor gefährlichen Keimen
Ein weiteres hochaktuelles Thema wurde bei der Konstruktion von Artis Pheno intensiv bedacht: Mehr als 30.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an Krankenhausinfektionen. Um Patienten vor gefährlichen Keimen zu schützen, verfügt das neue Gerät daher über ein revolutionäres Hygienekonzept. Es sind nicht nur alle Oberflächen antimikrobiell beschichtet, sondern bislang schwer zu reinigende Schlitze, Nähte oder Spalten wurden soweit wie möglich komplett vermieden. Auch die Kabelführung liegt innerhalb des Systems, damit eine Keimübertragung durch die Kabel vollständig ausgeschlossen werden kann.
Das neue Bildgebungssystem ermöglicht außerdem auch eine Live-Übertragung der aufgenommenen Bilder beispielsweise in Hörsäle und bietet dadurch zahlreiche neue Möglichkeiten für fortschrittliche Lehrmethoden im Studium oder der ärztlichen Weiterbildung.
Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Thomas Vogl
Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Universitätsklinikum Frankfurt
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E-Mail <link>thomas.vogl@kgu.de
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