Darmkrebszellen in den Zelltod treiben

Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikum Frankfurt konnten einen neuen Mechanismus entschlüsseln, wie Darmkrebszellen dem Zelltod entkommen. Das Enzym Transglutaminase 2 ist in Darmkrebszellen besonders aktiv und hemmt den Tumorsuppressor p53. Die direkte Bindung von Transglutaminase 2 an p53 blockiert dessen Funktion. Durch die Erkenntnis eröffnen sich neue Behandlungsmöglichkeiten, wenn es gelingt, die Wirkung von Transglutaminase 2 zu hemmen.

Dr. Patrizia Malkomes, Fachärztin für Viszeralchirurgie und Erstautorin der Studie, im OP (© Universitätsklinikum Frankfurt)

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen. Mehr als 25.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an Darmkrebs. Obwohl sich die Heilungschancen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, fehlt es in vielen Fällen an wirkungsvollen Therapien. Neue Medikamente werden dringend benötigt, um mehr Menschen mit dieser Erkrankung zu helfen. 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten der Medizinischen Klinik 2 und der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt ist es in enger Zusammenarbeit gelungen, ein neues Zielmolekül für die Behandlung von Darmkrebs zu identifizieren: das Enzym Transglutaminase 2. „Transglutaminase 2 hat die Eigenschaft, unterschiedliche Proteine in und außerhalb der Zellen miteinander zu koppeln. Wir konnten zeigen, dass Transglutaminase 2 und dessen Aktivität in Darmkrebszellen erhöht ist, und dass es maßgeblich das Überleben von Darmkrebszellen fördert. Wenn wir Transglutaminase 2 blockieren oder ausschalten, sterben die Krebszellen ab“, erläutert Dr. Patrizia Malkomes, Fachärztin für Viszeralchirurgie und Erstautorin der Studie, die im Juni 2021 in dem Fachjournal Oncogene erschienen ist.

Zielmolekül für die Krebstherapie
In der Studie konnten die Forscher nachweisen, dass Transglutaminase 2 ein wichtiger Überlebensfaktor für Darmkrebszellen ist – und damit ein interessantes Zielmolekül für die Krebstherapie. „Wir konnten durch modernste hochauflösende Mikroskopie zeigen, dass Transglutaminase 2 die Funktion eines Proteins mit dem Namen p53 steuert, das entscheidend für die Kontrolle des Überlebens von Krebszellen ist. Durch die direkte Bindung von Transglutaminase 2 an p53 wird dieses wichtige Steuerprotein deaktiviert, und die Darmkrebszelle wird resistenter gegen Chemotherapeutika und anderer äußerer Einflüsse gemacht, die zum Zelltod führen sollten“, so Prof. Michael Rieger, Professor an der Medizinischen Klinik 2 und Leiter der Studie. „Es sind bereits unterschiedliche Mechanismen bekannt, wie Krebszellen das Steuerprotein p53 deaktivieren, dies ist ein häufiges Ereignis bei der Krebsentstehung und hängt oft mit genetischen Veränderungen des Proteins zusammen. Nun konnten wir einen weiteren Weg identifizieren, der unabhängig von genetischen Veränderungen von p53 ist: ein hohes Level an Transglutaminase 2 blockiert die Funktion von p53.“

Ansatzpunkt für ein Medikament
Durch die enge Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern unterschiedlicher Fachdisziplinen am Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe Universität Frankfurt, die auch im Rahmen des Frankfurt Cancer Institute gemeinsam forschen, konnte diese Studie erfolgreich durchgeführt werden. „Wir arbeiten daran, Transglutaminase 2 als neuen Biomarker für die Prognose von Darmkrebspatientinnen und -patienten zu etablieren. Außerdem erforschen wir Wege, um Transglutaminase 2 durch Gabe von Medikamenten in Darmkrebszellen gezielt auszuschalten. Dies könnte eine hoffnungsvolle Strategie für eine schnelle Anwendung bei Patientinnen und Patienten sein“, schließt Dr. Malkomes. Die Ärztin ist Teil des Advanced-Clinician-Scientist-Programms des Mildred-Scheel-Nachwuchszentrums (MSNZ) Frankfurt und erhält eine Förderung für ihre Forschungsprojekte an Transglutaminase 2. 

Publikation:
Malkomes, P.*, Lunger, I.*, Oppermann, E., Abou-El-Ardat, K., Oellerich, T., Günther, S., Canbulat, C., Bothur, S., Schnütgen, F., Yu, W., Wingert, S., Haetscher, N., Catapano, C., Dietz, M.S., Heilemann, M., Kvasnicka, H.-M., Holzer, K., Serve, H., Bechstein, W. O., Rieger, M.A.; Transglutaminase 2 promotes tumorigenicity of colon cancer cells by inactivation of the tumor suppressor p53. Oncogene, June 08, 2021 (Epub ahead of print) http://dx.doi.org/10.1038/s41388-021-01847-w
* geteilte Erstautorenschaft

Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Michael A. Rieger
Leiter der Stammzellenbiologie
Medizinische Klinik 2, Abteilung Hämatologie/Onkologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Telefon: +49 69 63 01 – 84 29 7
E-Mail: m.rieger@em.uni-frankfurt.de
Internet: www.rieger-lab.uni-frankfurt.de

Über das Universitätsklinikum Frankfurt
Das Universitätsklinikum Frankfurt, gegründet im Jahr 1914, zählt zu den führenden hochschulmedizinischen Einrichtungen Deutschlands. Es bietet seinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche medizinische Versorgung in 32 Kliniken und klinischen Instituten. Der enge Bezug zur Wissenschaft – Universitätsklinikum und Fachbereich Medizin betreiben mehr als 20 Forschungsinstitute – sichert den Patientinnen und Patienten eine zeitnahe Umsetzung neuer Erkenntnisse in die diagnostische und therapeutische Praxis. Rund 1.500 stationäre und tagesklinische Betten stehen zur Verfügung. Zahlreiche Kliniken und Institute widmen sich medizinisch-wissenschaftlichen Spezialleistungen. Jährlich werden mehr als 50.000 stationäre und 200.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut. Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie und Neurochirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Das Leberzentrum ist die einzige Einrichtung für Lebertransplantation in Hessen. Ein Alleinstellungsmerkmal gemäß Versorgungsauftrag nach dem Hessischen Krankenhausgesetz besteht für die Region Frankfurt-Offenbach neben der Herzchirurgie auch für die Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, die Dermatologie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Patientinnen und Patienten.

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