Männer, macht mit!

Statistisch gesehen sterben Männer fast fünf Jahre früher als Frauen. Die Gründe dafür sind vielfältig – dass Männer Vorsorgemuffel sind, gehört dazu. Nur jeder zehnte schützt sich mit einer Krebsvorsorge. Dabei können regelmäßige männerspezifische Vorsorgeuntersuchungen Leben retten, wie ein außergewöhnliches Beispiel von vier Brüdern zeigt, die alle mit Prostatakrebs in einem frühen Stadium konfrontiert waren und durch eine Operation gerettet werden konnten. Sie berichten im Rahmen der „Movember“-Aktion über vier bemerkenswerte Früherkennungserfolge.

Dr. Magnus Volk, niedergelassener Urologe, Dr. Clara Humke und Prof. Dr. Felix Chun, beide Klinik für Urologie, und ihr ehemaliger Patient (v.l.) engagieren sich für „Movember“

Frauen werden in Deutschland im Durchschnitt 83,4 Jahre alt, Männer 78,5 Jahre. Zu den lebensverringernden Faktoren bei Männern zählen eine ungesunde Lebensweise, ein höheres Risiko, an unnatürlichen Todesursachen wie Verkehrsunfällen und Tötungsdelikten zu sterben, mangelnde Krankheitsprävention und die biologische Veranlagung. Erst in diesem Jahr kamen US-Forschende in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Männer ungünstigere biologische Voraussetzungen haben. Es ist schon länger bekannt, dass das Y-Chromosom mit zunehmendem Alter aus männlichen Zellen verschwindet; nun wurde bewiesen, dass der schrittweise Verlust bei ca. 50 Prozent der Männer auch das Altern beschleunigt. 

Nichtsdestotrotz könnten Männer ihre Gesundheit in vielen Fällen länger erhalten, wenn sie häufiger zum Arzt gehen würden. Bei Männern unter 45 ist Hodenkrebs die am weitesten verbreitete Krebsart – Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern aller Altersstufen. „Die mangelnde Früherkennungsbereitschaft hat dazu geführt, dass sich das Prostatakarzinom nach den Lungenerkrankungen zur zweithäufigsten Krebstodesursache von Männern in Deutschland entwickelt hat“, erklärt Prof. Felix Chun, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Frankfurt. „Nur etwa 18 Prozent der Männer nehmen regelmäßig urologische Früherkennungsuntersuchungen wahr. Dabei sind Früherkennung und eine kurative Therapie die einzige Möglichkeit, die Sterblichkeit bei Prostatakarzinomen zu senken.“ 

Früherkennung und genetische Disposition
Im Frühstadium ist die Erkrankung asymptomatisch, so dass sie meist nur im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung entdeckt werden kann. Wird sie in einem Anfangsstadium erkannt, sind die Heilungschancen exzellent. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei 90 Prozent. Die Früherkennung erfolgt mittels PSA-Test. Das „Prostata-spezifische Antigen“ ist ein Eiweiß, das nur im Prostatagewebe vorkommt und in geringen Mengen im Blut nachweisbar ist. Der PSA-Wert wird in Nanogramm pro Milliliter Blut ermittelt. „Bei jedem Mann gelangen ständig kleine Mengen PSA ins Blut. Ein erhöhter Wert kann auf Prostatakrebs hindeuten, muss aber nicht“, erklärt der Urologe Dr. Magnus Volk. „Auch gutartige Erkrankungen können mit einem erhöhten PSA-Wert einhergehen, daher gehört die Abnahme und Interpretation des PSA-Werts in fachärztlich-urologische Hände.“ 

Dr. Magnus Volk ist der Cousin von vier Brüdern, deren außergewöhnliche Geschichte ein Beispiel für die Risikofaktoren und den Früherkennungserfolg bei Prostatakrebs ist. Dr. Volk hatte die vier zur urologischen Früherkennung eingeladen. Erste Vorsorgeuntersuchungen waren allerdings unauffällig. Die Brüder blieben dennoch wachsam, insbesondere weil ihr Vater vor 25 Jahren bereits an Prostatakrebs gestorben war und eine familiäre genetische Veranlagung nicht von der Hand zu weisen war. Sie animierten sich gegenseitig dazu, weitere Untersuchungen in Anspruch zu nehmen.

Eine Gewebeprobe brachte dann tatsächlich Klarheit: Bei allen vier wurde ein frühes Stadium eines Prostatakrebses festgestellt. „Das Risiko einer Prostatakrebserkrankung ist häufig familiär veranlagt“, erklärt Prof. Felix Chun. „Ist beispielsweise der Vater betroffen, steigt das Risiko einer Erkrankung bereits um 32,5 Prozent. Bei einem Bruder mit Prostatakrebs liegt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei fast 87 Prozent.“ Neben der genetischen Veranlagung spielt das Alter eine wichtige Rolle. Je mehr Angehörige erkrankt sind und je jünger sie zum Zeitpunkt der Diagnose waren, desto höher ist das Risiko für die männlichen Verwandten, ebenfalls an Prostatakrebs zu erkranken. 

Diagnostik und Therapien
Voraussetzung für eine optimale Behandlung ist eine präzise Diagnostik, die am Universitätsklinikum Frankfurt in interdisziplinärer Zusammenarbeit vorgenommen wird. Das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie arbeitet mit modernster Bilddiagnostik. Sie liefert dank 3-Tesla-Kernspintomographen und MRT wichtige Hinweise zur Zelldichte und Durchblutung des Gewebes. Auch die Entscheidung, an welcher Stelle eine Probe entnommen wird, wird auf diese Weise erleichtert. „In der Pathologie können wir im entnommenen Gewebe auch kleinste Krebszellverbände nachweisen“, erklärt Privatdozent Dr. Jens Köllermann, Facharzt für Pathologie und Urologie am Dr. Senckenbergischen Institut für Pathologie. „Anhand des sogenannten Gleason-Scores wird anschließend die Bösartigkeit eines Prostatatumors bestimmt, und durch die Angabe weiterer Krebscharakteristika werden dem Urologen so wichtige Informationen für die weitere Therapieplanung an die Hand gegeben. Strukturierte pathologische Befunde, hochauflösende histologische Bilder und molekularpathologische Daten legen die Grundlage für eine personalisierte Medizin, die in Zukunft die individuelle Behandlung von Prostatapatienten weiter präzisieren wird.“ 

Bei den vier Brüdern kam die Diagnose noch rechtzeitig. Durch das frühe Erkennen des Prostatakrebses wurde eine erfolgreiche operative minimal invasive Roboter-assistierte Operation ermöglicht. „Wir konnten das betroffene Organ mit allen Krebszellen aus dem Körper entfernen und dabei gleichzeitig die Lebensqualität erhalten“, erläutert Prof. Chun. Den Nutzen der Früherkennung können die Brüder nicht oft genug betonen. Viele Männer scheuen die Untersuchung aus Angst, eventuell einen positiven Befund zu erhalten. „Dabei ist die Diagnose eines Krebses im Frühstadium keine schlimme Sache“, betont Hans-Otto, einer der betroffenen Brüder. „Gerade bei Prostatakrebs stehen die Chancen auf Heilung gut. Die Früherkennung ist ein Garant dafür, dass man im Anschluss an die Therapie sein normales Leben wieder aufnehmen kann. Dieses Geschenk sollte sich kein Mann entgehen lassen.“

Kein Rechtschreibfehler: Movember und weitere Aktionen
Der Beitrag der Klinik für Urologie reicht von der Früherkennung bis zur schonenden Behandlung und Nachsorge. An verbesserter Diagnostik und neuen Therapien arbeitet das Universitätsklinikum Frankfurt auch mit zahlreichen Forschungsprojekten. Am wichtigsten aber bleibt die Früherkennung. Nicht zuletzt deshalb unterstützt die Klinik seit 2017 aktiv die jährliche „Movember“-Aktion. Das Wort setzt sich zusammen aus „Moustache“, französisch/englisch für Schnauzbart, und November, dem Monat, der auf die Männergesundheit und entsprechende Vorsorge aufmerksam machen will. Männer, die an der Aktion teilnehmen, lassen sich ab 01. November einen Bart wachsen. Sie können sich zudem auf der entsprechenden Website registrieren und Spenden zugunsten der Erforschung und Prävention von Prostatakrebs sammeln (de.movember.com). Die Idee stammt von zwei Australiern, die 2003 den ersten „Movember“ angeregt haben, und damit den Grundstein für die weltgrößte Crowd-Funding Organisation für Männergesundheit gelegt haben. In Deutschland wird die Aktion offiziell seit 2012 durchgeführt.

Das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) am Universitätsklinikum Frankfurt begleitet den Movember mit einer Bürgerveranstaltung: Am 22. November 2022 bieten Expertinnen und Experten aus Urologie, Psychoonkologie, Psychiatrie sowie der Leiter einer Frankfurter Selbsthilfegruppe eine Online-Vorlesung rund um männerspezifischen Krebs und psychische Gesundheit an (https://www.uct-frankfurt.de/movember). Außerdem erhält das Universitätsklinikum Frankfurt prominente Unterstützung durch den ehemaligen Eintracht Frankfurt-Fußballspieler Marco Russ, der selbst an Hodenkrebs erkrankt war, und seitdem aktiv um Aufmerksamkeit und Aufklärung für das Thema Männergesundheit wirbt. „Das aktive Bewusstsein für die eigene Gesundheit kann dazu beitragen, schwere Erkrankungen wie Hoden- oder Prostatakrebs zu vermeiden. Die Heilungschancen sind sehr gut, wenn der Krebs rechtzeitig diagnostiziert wird“, fasst Prof. Chun zusammen. 

Die Beschäftigten des Universitätsklinikum Frankfurt profitieren deshalb auch von konkreten Vorsorge-/Früherkennungsangeboten. Alle Mitarbeiter des Universitätsklinikum Frankfurt ab 45 Jahren – bei familiärer Vorbelastung ab 40 Jahren – können im Movember-Monat eine kostenlose Prostatakrebsvorsorge durchführen lassen. Alle Aktionen des Movember verfolgen ein Ziel: Männer sollen Lebenszeit aufholen und den Abstand zu den Frauen verkürzen.

 

Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Felix Chun
Direktor der Klinik für Urologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Telefon: +49 69 63 01 – 53 52
E-Mail: felix.chun@kgu.de 
Internet: www.kgu.de 

Über das Universitätsklinikum Frankfurt
Das Universitätsklinikum Frankfurt, gegründet im Jahr 1914, zählt zu den führenden hochschulmedizinischen Einrichtungen Deutschlands. Es bietet seinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche medizinische Versorgung in 33 Kliniken und klinischen Instituten. Der enge Bezug zur Wissenschaft – Universitätsklinikum und Fachbereich Medizin betreiben mehr als 20 Forschungsinstitute – sichert den Patientinnen und Patienten eine zeitnahe Umsetzung neuer Erkenntnisse in die diagnostische und therapeutische Praxis. Rund 1.300 stationäre und tagesklinische Betten stehen zur Verfügung. Zahlreiche Kliniken und Institute widmen sich medizinisch-wissenschaftlichen Spezialleistungen. Jährlich werden circa 46.000 stationäre und mehr als 480.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut. Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie und Neurochirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Das Leberzentrum ist die einzige Einrichtung für Lebertransplantation in Hessen. Ein Alleinstellungsmerkmal gemäß Versorgungsauftrag nach dem Hessischen Krankenhausgesetz besteht für die Region Frankfurt-Offenbach neben der Herzchirurgie auch für die Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, die Dermatologie und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mehr als 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Patientinnen und Patienten.

Herausgeber: Der Vorstand des Universitätsklinikum Frankfurt. Redaktion: Christoph Lunkenheimer, Pressesprecher, Stabsstelle Kommunikation, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main, Telefon: +49 69 63 01 – 86 44 2, E-Mail: christoph.lunkenheimer@kgu.de

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