Mit Immunzellen gegen Krebs

UCT stellt anlässlich des Weltkrebstages neue Therapieansätze vor

Wissenschaftsminister Boris Rhein und Onkologieexperten des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen informieren anlässlich des Weltkrebstags am 4. Februar über neue Therapieansätze mit Immunzellen.

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 480.000 Menschen neu an Krebs. Bis 2030 rechnen Experten aufgrund der demografischen Entwicklung sogar mit einem weiteren Anstieg der Krebsneuerkrankungen von 20 Prozent oder mehr im Vergleich zu Anfang dieses Jahrzehnts. Um Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu schaffen, hat die Weltgesundheitsorganisation den 4. Februar zum Weltkrebstag erklärt. Sie ruft zu diesem Anlass die Bevölkerung auf, Informations- und Präventionsangebote wahrzunehmen. Auch das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) am Universitätsklinikum Frankfurt leistet seinen Beitrag zur Aufklärung: Anlässlich des Weltkrebstags informieren Experten des UCT zusammen mit Wissenschaftsminister Boris Rhein über neue Ansätze in der Zelltherapie mit verschiedenen genetisch veränderten Immunzellen. Die innovativen Therapieansätze für einige der gefährlichsten und am schnellsten verlaufenden Krebserkrankungen konnten am UCT nicht zuletzt auch dank der Unterstützung durch die Hessische Landesregierung vorangetrieben werden. 

Im Rahmen des bundesweit einzigartigen LOEWE-Programms engagiert sich das Land Hessen in unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen. In einer Vielzahl der durch LOEWE geförderten Projekte liegt der Fokus auf der Erforschung verschiedener Krebsleiden sowie der onkologischen Versorgung von Patientinnen und Patienten. Neben Investitionen in die räumliche Infrastruktur ist es vor allem die vom Land unterstützte institutionelle Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten an Forschungs-Clustern wie auf dem Areal des universitätsmedizinischen Standorts Frankfurt, die innovative Therapieverfahren möglichst rasch aus dem Labor ans Krankenbett bringen soll. Eine gute Vernetzung wird umso wichtiger, je komplexer die Erkrankung und je individueller die erforderliche Patientenbehandlung ist.

Mit körpereigenen Immunzellen gegen den Krebs – zelltherapeutische Innovationen
„Im Fokus am Universitären Centrum für Tumorerkrankungen der Universitätsmedizin Frankfurt steht die personalisierte Krebsmedizin. Die hier eingesetzten Therapien werden exakt an die Bedürfnisse eines einzelnen Patienten angepasst,“ so Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt. Zu den aktuell am UCT mitentwickelten und angewandten Behandlungen zählen innovative Zelltherapien, bei denen u.a. körpereigene Abwehrzellen der Krebspatienten im Labor so verändert werden, dass sie bestimmte Krebszellen besser erkennen und bekämpfen können. Diese Art von Therapie ist insbesondere eine Option für schwerstkranke Patienten, bei denen andere Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind. Die für die innovativen Zelltherapien benötigten, genetisch veränderten Immunzellen müssen für jeden einzelnen Patienten unter besonderen Laborbedingungen hergestellt werden. „Für diese hochspezifischen Zelltherapien ist es unerlässlich, dass Ärzte und Wissenschaftler in engem Austausch stehen. Der Hessischen Landesregierung ist es deshalb ein wichtiges Anliegen, durch geeignete Infrastruktur und notwendige Forschungsmittel die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Labor bei den Patienten ankommen. Das UCT am universitätsmedizinischen Standort Frankfurt zeigt, wie dies gelingen kann. Denn nur durch wissenschaftlichen Fortschritt kann eine verbesserte onkologische Versorgung der Bevölkerung dauerhaft sichergestellt werden“, so Wissenschaftsminister Rhein. 

Einheit für Knochenmark- und Stammzelltransplantation: neue Strategie ermöglicht Stammzellspende von halbidentischen Spendern 
Allen Anstrengungen zum Trotz ist es oft nicht möglich, für Leukämiepatienten einen passenden Stammzellspender zu finden. Für diese Situation wurde ein Transplantationsverfahren entwickelt, das eine Stammzellspende von verwandten Spendern ermöglicht, auch wenn die Gene des Spenders nur zur Hälfte mit denen des Empfängers übereinstimmen, die sogenannte haploidente Stammzellspende. Dabei werden die toxischen, nichtidentischen Immunzellen gezielt entfernt und gefährliche Nebenwirkungen reduziert. Vor allem ältere und dringend auf eine Behandlung angewiesene Patienten können zukünftig von der haploidenten Stammzelltransplantation profitieren. Erwachsene, Kinder, Eltern und fast alle Geschwister sind als Spender geeignet. Mit seiner hochmodernen Transplantationseinheit ist das Universitätsklinikum Frankfurt ein bundesweit bedeutendes Zentrum für dieses Verfahren.

Klinik für Kinder- und Jugendmedizin: genetisch veränderte Immunzellen bekämpfen Leukämie
Besonders die Überlebenschance von Patienten mit akuten lymphatischen Leukämien, die nach ihrer ersten Behandlung einen Rückfall erlitten haben, ist leider derzeit noch eingeschränkt. Gängige Behandlungsverfahren sind hier oftmals nicht erfolgreich. Eine neue vielversprechende Therapie könnte für diese Patienten eine Behandlung mit genetisch veränderten Immunzellen, den sogenannten Chimären-Antigen-Rezeptor-T-Zellen, kurz CAR-T-Zellen, sein. Diese hochspezifischen Zelltherapeutika können mit großer Effektivität bestimmte Leukämiezellen aufspüren und eliminieren. Dafür werden körpereigene T-Zellen des Patienten mit einem bestimmten Antigenrezeptor CAR ausgestattet und dem Patienten wieder zurückgegeben. Mithilfe dieses Moleküls können die T-Zellen fortan bestimmte Strukturen auf den Krebszellen erkennen und diese gezielt bekämpfen. Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Frankfurt ist derzeit das einzige Zentrum in Deutschland, an dem diese Therapie für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Leukämien im Rahmen von einer Novartis gesponserten Studie angeboten wird. 

Hirntumorzentrum des UCT und Partnerinstitute: Behandlung von bösartigen Hirntumoren mit natürlichen Killerzellen 
Ein weiterer Therapieansatz nutzt eine andere Sorte von Immunzellen, die natürlichen Killerzellen, kurz NK-Zellen. NK-Zellen haben die Fähigkeit, bei bestimmten Zielzellen den Zelltod auszulösen. Die Killerzellen werden ebenfalls mit einem CAR-Molekül ausgestattet, das sich selektiv gegen das Protein HER2 richtet. HER2 ist auf der Oberfläche vieler Tumorzellen zu finden und stellt daher ein ideales Ziel für eine zelluläre Immuntherapie dar. Am UCT wird diese Zelltherapie derzeit im Rahmen einer Studie namens CAR2BRAIN erprobt, finanziell unterstützt durch das LOEWE-Zentrum für Zell- und Gentherapie und das US-amerikanische Biotechnologie-Unternehmen NantKwest. Hierbei sollen Patienten mit HER2-positivem Glioblastom – einem bösartigen Hirntumor –, die sich erneut einer Operation unterziehen müssen, behandelt werden. Von der NK-Zelllinie NK 92 abgeleitete CAR-NK-Zellen werden während der Operation in das Operationsgebiet injiziert. Dadurch sollen die trotz Operation zurückbleibenden Tumorzellen attackiert und das patienteneigene Immunsystem auf diese aufmerksam gemacht werden. Das Fundament der Studie ist eine breit angelegte Kooperation von Grundlagenwissenschaftlern um Prof. Winfried Wels am Georg-Speyer-Haus mit Spezialisten des Blutspendedienstes (Prof. Tonn, Prof. Seifried) und Ärzten verschiedener Fachkliniken und Institute des Zentrums für Neuroonkologie, insbesondere aus Neurochirurgie, Neuroradiologie, Neuropathologie und dem Dr. Senckenbergischen Institut für Neuroonkologie.

Der Beitrag der Transfusionsmedizin zur individualisierten Zelltherapie 
Seit Mitte der 1990er Jahre forscht das Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie am universitätsmedizinischen Standort Frankfurt über die Wirksamkeit natürlicher Killerzellen bei der Tumorbehandlung. Gemeinsam mit dem Georg-Speyer-Haus hat das Institut für Transfusionsmedizin die NK-Zelllinie NK-92 genetisch so modifiziert, dass sie in Reinraumanlagen vermehrt und zu einem Zelltherapeutikum entwickelt werden konnte. Dieses Zelltherapeutikum kann spezifisch gegen HER2-positive Tumoren einschließlich maligner Hirntumoren eingesetzt werden. Dank der Zusammenarbeit mit dem LOEWE-Zentrum für Zell- und Gentherapie können diese CAR-NK-Zellen in ausreichender Menge und Qualität für die Anwendung in der weltweit ersten klinischen Studie mit einem solchen Therapeutikum am UCT zur Behandlung von Patienten mit Glioblastom (CAR2BRAIN) produziert werden.

Prävention und Aufklärung
Nicht nur die Fachwelt, auch die Öffentlichkeit soll von den am UCT gewonnenen Erkenntnissen profitieren. Deshalb veranstaltet das UCT auch 2018 wieder die kostenlose Informationsreihe „Sie fragen, unsere Experten antworten!“. Die Reihe richtet sich an Patienten, Angehörige und alle am Thema Interessierten. Onkologieexperten des UCT geben umfassende Informationen zu verschiedenen Tumorarten, Therapien und Krebsprävention sowie hilfreiche Tipps zu Fragestellungen, die während und nach der Krebstherapie auftauchen. So startet die Reihe am 6. Februar 2018 mit dem Thema „Zurück in den Alltag, aber wie? Sozialrechtliche Aspekte nach der Krebstherapie“. Die Veranstaltungen finden einmal monatlich, jeweils dienstags, von 17:30 bis 18:30 Uhr statt. Mehr Informationen zu Terminen und Themen auf: <link internal-link>www.uct-frankfurt.de

Über das Universitäre Centrum für Tumorerkrankungen (UCT)
Das UCT ist eine gemeinsame Institution des Universitätsklinikums und des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität und des Krankenhauses Nordwest. Es vernetzt die verschiedenen Fachdisziplinen in der onkologischen Diagnostik, Behandlung, Forschung und Ausbildung miteinander. Das UCT arbeitet auf Grundlage evidenzbasierter Leitlinien, fördert die Grundlagenforschung sowie die anwendungsbezogene Forschung, um Innovationen rasch in klinischen Studien zu evaluieren. Das UCT kooperiert eng mit umliegenden Krankenhäusern und Praxen im Großraum Frankfurt / Rhein-Main, um die bestmögliche heimatnahe Versorgung onkologischer Patienten zu gewährleisten. Die Deutsche Krebshilfe hat das UCT als eines von 14 deutschen Zentren als On-kologisches Spitzenzentrum ausgezeichnet. Damit ist das UCT das einzige Onkologische Spitzenzentrum in ganz Hessen. Weitere Informationen über das UCT finden Sie unter www.uct-frankfurt.de.

Über das Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie
Das Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie Frankfurt ist Teil des DRK-Blutspendedienstes Baden-Württemberg – Hessen. Es arbeitet eng mit dem Universitätsklinikum zusammen. Neben der routinemäßigen Versorgung der Krankenhäuser in sieben Bundesländern mit Blutpräparaten und transfusionsmedizinischen Dienstleistungen hat sich der Blutspendedienst auf die Entwicklung und Herstellung von Stammzellpräparaten und Zelltherapeutika spezialisiert. Seine Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet haben in den letzten Jahren zur Entwicklung mehrerer innovativer Zelltherapeutika geführt. Als größter Blutspendedienst in Deutschland entnimmt er zusammen mit seinen Tochtergesellschaften jährlich mehr als 1,1 Mio. Blutspenden und stellt daraus nahezu 1,5 Mio. Blutpräparate her. Er unterhält eine große Stammzellspenderdatei und agiert als Referenzlabor für HLA-Untersuchungen der „Deutschen Stiftung für Organtransplantation“ für den Bereich Deutschland Mitte. An 17 Standorten arbeiten mehr als 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die transfusionsmedizinische Versorgung an 365 Tagen des Jahres rund um die Uhr sicherzustellen.

Über das Universitätsklinikum Frankfurt
Das Universitätsklinikum Frankfurt, gegründet im Jahr 1914, zählt zu den führenden Hochschulkliniken Deutschlands. Es bietet seinen Patientinnen und Patienten eine bestmögliche medizinische Versorgung in 32 medizinischen Kliniken/Instituten. Der enge Bezug zur Wissenschaft – Klinikum und Fachbereich Medizin betreiben zusammen 20 Forschungsinstitute – sichert den Patientinnen und Patienten eine zeitnahe Umsetzung neuer Erkenntnisse in die therapeutische Praxis. Rund 1.500 stationäre und tagesklinische Betten stehen zur Verfügung. Zahlreiche Institute widmen sich medizinisch-wissenschaftlichen Spezialleistungen. Jährlich werden 51.000 stationäre und 227.000 ambulante Patientinnen und Patienten betreut. Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Neben der Herzchirurgie besteht beim Versorgungsauftrag nach dem Hessischen Krankenhausgesetz auch in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, der Dermatologie und der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein Alleinstellungsmerkmal für die Region Frankfurt-Offenbach. Über 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollkraftzahlen) kümmern sich rund um die Uhr um die Patientinnen und Patienten.

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Felicitas Cremer
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